11 Okt Ab Juni 2025 wird digitale Barrierefreiheit in Onlineshops Pflicht
Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von physischen, motorischen oder sensorischen Einschränkungen, die Möglichkeit haben sollten, das Internet und Onlineshops zu nutzen.
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wurde im Juli 2021 der European Accessibility Act (EAA) ins nationale Recht überführt. Die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) wurde dann im Juni 2022 verabschiedet und definiert Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden.
Mit dem Gesetz und der Verordnung werden grundsätzlich die Rechte von Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt. Das BFSG betrifft den gesamten Online-Handel, Hardware,Software, aber auch überregionalen Personenverkehr oder Bankdienstleistungen.
Unternehmer, die Verbrauchern Produkte oder Dienstleistungen über eigene Onlineshops anbieten, werden mit Inkrafttreten des BFSG gehalten sein, diverse rechtliche und technische Anforderungen zu erfüllen, um ihre Internetauftritte barrierefrei für Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen zu betreiben.
Es gibt gesetzliche Ausnahmen für Shopbetreiber, ihre Onlineshops digital nicht barrierefrei zu gestalten:
- Online-Shops, die B2C sind und sich nicht direkt an Verbraucher richten.
- Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden
- Kleinstunternehmende mit einem Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro.
Als Experten für Onlineshops und Suchmaschinenoptimierung raten wir Ihnen als Shop-Inhaber allerdings zur barrierefreien Gestaltung Ihres Shops und zwar aus mehreren Gründen. Die Verbraucher und Ihre Rechte ernst zu nehmen, untermauert ihr Anliegen für Inklusion, stärkt Ihr Image und die positive Wahrnehmung Ihrer Marke, Ihre Seriösität und stärkt die Kundenbindung. Ab Juli 2025 werden viele Shops barrierefrei gestaltet sein und Sie fallen möglicherweise durchs Raster der Kunden, weil Sie den barrierefreien Zugang verwehren.
Sie beeinflussen mit der barrierefreien Zugänglichkeit Ihres Onlineshops nicht nur die Benutzererfahrung, sondern erhöhen die Reichweite und die Konversionsraten für einen erfolgreichen Kaufprozess. Abbruchraten werden reduziert und Umsätze gesteigert.
Barrierefrei gestaltete Onlineshops verbessern die SEO-Performance und SEO-Rankings, denn barrierefreie Webinhalte folgen den gleichen Prinzipien wie SEO: Leichte Navigation, gute Struktur der Inhalte und saubere Codes. Suchmaschinen ranken solche Seiten mit besseren Platzierungen in der organischen Suche.
Last but not least öffnen sich durch einfache Bedienbarkeit und gute Zugänglichkeit der Shop einer breiteren Zielgruppe und generieren neue Kundschaft und mehr Kaufkraft. Schließlich leben in Europa Millionen Menschen mit Einschränkungen, Menschen mit temporären Einschränkungen nach Operationen oder Handicap, die aber im Internet einkaufen wollen und es bis dato nicht problemlos können.
Rechtliche Anforderungen an Barrierefreiheit in Online-Shops
Unser Partner die IT-Recht-Kanzlei aus München formuliert die rechtlichen Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit, die in Onlineshops ab Ende Juni kommenden Jahres umgesetzt sein müssen:
- Gemäß § 12 BFSGV müssen Online-Shops auf angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust (= leistungsstabil) ausgestaltet sein.
- Nach § 13 BFSGV müssen Online-Shops grundsätzliche Funktionen, Vorgehensweisen, Strategien und Verfahren sowie Änderungen bei der Ausführung vorsehen, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichtet sind und die Interoperabilität mit assistiven Technologien gewährleisten.
- Zusätzlich muss gemäß § 21 Abs. 4 BFSGV sichergestellt sein, dass mindestens eine nicht manuelle Bedienungsform vorhanden ist, welche keine feinmotorische Steuerung und Bedienung, Handmuskelkraft oder gleichzeitige Bedienung von mehr als
einem Bedienelement erfordern. - Auch müssen Shops gemäß § 21 Abs. 7 BFSGV mit mindestens einer Bedienungsform ausgestattet sein, die die Nutzung bei kognitiven Einschränkungen erleichtern und vereinfachen.
Technische Anforderungen für digitale Barrierefreiheit im Online-Handel
Zu den technischen Anforderungen zur Einhaltung digitaler Barrierefreiheit wurden die Web Content Accessibility Guidelines als Standard entwickelt. Grob gibt es laut den Richtlinien drei Stufen: A, AA und AAA mit jeweils 78 Erfolgskriterien. Die meisten Internetanbieter orientieren sich an der Stufe AA, um den Design- und Entwicklungsprozess von Webseiten oder Onlineshops nicht zu stören.
Die Stufe A umschreibt die grundlegende digitale Barrierefreiheit: Dazu gehören nach aktuellen Richtlinien 30 Kriterien, die erfüllt sein müssen beispielsweise die Untertitelung von Bildern und Videos in einfacher Sprache mit Alt-Tags. Sie helfen Menschen und Suchmaschinen, den Inhalt des Bildes zu verstehen und sich den Inhalt erschließen zu können. Ohnehin sehen wir Alt-Tags als ein gewichtiges Instrument für die Suchmaschinenoptimierung und höheren Traffic.
Weitere technische Anforderungen sind, dass Inhalte des Shops vollständig über die Tastatur bedienbar sind ohne eine Maus zu betätigen. Formulare, die bei Anmeldung oder im Checkout-Prozess verwendet werden, sollten klar strukturiert sein und leicht verständlich. Platzhalter, erläuternde Hinweise und eine deutliche Fehlermeldung bei falschen Eingaben helfen Nutzenden, den Prozess problemlos abzuschließen.
Ein barrierefreier Onlineshop benötigt darüber hinaus optimierte Schriftgrößen und Buttons sowie einen Screenreader oder ein Bildschirmleseprogramm, damit alle Informationen und Inhalte gelesen werden können. Die Stufe AA umfasst weitere 20 Kriterien wie einen guten Farbkontrast von 4,5 zu 1 von Text und Hintergrund. Inhalte sollten klar strukturiert sein. Suchmaschinenoptimierte Inhalte und Texte in Shops verfügen über diese Struktur und sind daher barrierefrei.
Die Stufe AAA beinhaltet Gebärdensprachübersetzungen für Videoinhalte und ist noch nicht gefordert, daher gehen wir auf die Stufe Triple A an dieser Stelle noch nicht weiter ein.
Ob Ihr Onlineshop ausreichend barrierefrei gestaltet ist, können Sie mit verschiedenen Software-Tools wie Wave oder mit einer Browser Extension prüfen oder prüfen lassen.
Wir als Experten für den Bau und die Pflege von Onlineshops raten Ihnen allerdings dazu, die barrierefreie Gestaltung Ihres Onlineshops Profis wie uns zu überlassen. Denn die Implementierung von neuen, BFSG tauglichen Templates kann dazu führen, dass andere Templates überschrieben werden, die evident sind für den reibungslosen Ablauf der Customer Journey. Das zieht meist viele Probleme nach sich, die nur Backend-Entwickler aufwändig und zeitintensiv lösen können. Und es sind nicht nur das Desktop Designs zu beachten, sondern auch mobile responsive Designs für Smartphone, iPad oder Tablet.
Fazit & Empfehlungen zur Gestaltung barrierefreier Onlineshops
Marvin Sengera, Frontend-Entwickler bei cartodesign fasst für unsere Kunden und Shopinhaber die zentralen Vorgaben digitaler Barrierefreiheit zusammen:
- „Eine barrierefreie Webseite nach Web Content Accessibility Guidelines, kurz WCAG-Standards verbessert nicht nur die Benutzerfreundlichkeit, sondern wirkt sich auch positiv auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO) aus. Google bevorzugt Seiten, die für alle zugänglich sind, was zu besseren Rankings und mehr organischem Traffic führt.“
- „Die Umsetzung der WCAG-Richtlinien erfordert spezielles Wissen und Erfahrung. Deshalb sollten Onlineshop-Betreiber professionelle Agenturen oder Entwickler beauftragen, um sicherzustellen, dass alle technischen und rechtlichen Anforderungen korrekt und fehlerfrei umgesetzt werden.“
- „Die Anpassungen für eine barrierefreie Webseite gemäß WCAG sind oft subtil und optisch kaum wahrnehmbar, tragen jedoch wesentlich zur Verbesserung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen bei, ohne das Design des Shops zu beeinträchtigen.“